Klären wir doch erstmal, worum es in diesem Artikel geht: um Buchhaltung im Allgemeinen und Konsolidierung im Spezifischen. Jeder Konzern ist verpflichtet, einen Gesamtabschluss vorzulegen, der all seine Gesellschaften enthält. Für die Baloise Group sind das die Ländereinheiten in der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Belgien und Luxemburg. Sie alle unterhalten miteinander Geschäftsbeziehungen und diese müssen - gesamt betrachtet, final eliminiert, sprich: konsolidiert werden. Interne Erträge und interne Aufwände werden gegeneinander aufgerechnet, so dass ein Konzern am Ende eines Geschäftsjahres sein Ergebnis als Ganzes abliefert. So als ob es sich um eine einzige Unternehmung handelt.
Nachdem wir das verstanden haben, stellt sich für mich ganz persönlich die Frage: Warum findet jemand an all der Rechnerei und all den excel-Tabellen Freude? «Soll und Haben faszinieren mich», sagt Jörg Henkel, der ursprünglich aus dem Südharz in Deutschland kommt und seit 2001 für die Baloise arbeitet. «Jeder Tag ist anders», erzählt der 53-jährige weiter, «es gibt immer neue Geschäftsvorfälle, Rechnungslegungsvorschriften ändern sich, und all das Neue birgt Spannung. Unser Job in der Konsolidierung», erklärt Jörg weiter, «ist auch der eines Detektives. Wir gleichen Werte ab, finden Fehler und sind im Austausch mit dem Accounting/ Controlling der Baloise Länder. Am Ende steht ein Finanzbericht, der - absolut korrekt und fehlerfrei sein muss, um sämtlichen Vorgaben einer externen Revision standzuhalten.»
«Die Wochen, in denen Revisionsmitarbeitende ein Unternehmen überprüfen, sind tough», räumt Jörg ein. «Eine Revision dreht und wendet alles, jede Buchung. Man ist gefühlt 24/7 unter Druck und standby, legt Rechenschaft ab, überprüft und erklärt - aber genau diesen Adrenalinschub brauche ich.» Die Möglichkeit, dass man ihm bei Offenlegung aller Bücher Fehler nachweisen könnte, sorgt bei Jörg für höchste Anspannung. Hat er einen Fehler gemacht, müssen unter Umständen Teile des Finanzberichts neu erstellt werden – und das in einer durch hohen Termindruck ohnehin intensiven Zeit.
«Es ist jedes Mal anstrengend, aber ein Gefühl nutzt sich nicht ab. Ich sage immer wieder, dass ich mich auf den nächsten Abschluss freue.» Ein bisschen verrückt muss man wohl sein – als Buchhalter, denke ich.
Seine Stressresistenz und Souveränität – auch unter all dem Druck bestehen zu können – hat Jörg in seinen allerersten Berufsjahren gelernt. «Damals arbeitete ich für einen schwedischen Baukonzern und habe gemeinsam mit meinem Chefrevisor die Buchhaltung für eine Berliner Niederlassung aufgebaut. Für mich ein erster Einblick in sämtliche buchhalterischen Aspekte eines Unternehmens. Meine Lernkurve war steil: Es ging um Konzernstrukturen, Reportings und eine strukturierte Vorgehensweise. Letztere habe ich bis heute beibehalten.»
«Ich freue mich und bin wahnsinnig stolz, wenn der Geschäftsbericht fertig ist. Das ist jedes Mal anspruchsvolle Teamarbeit.»»
Struktur ist überhaupt das A und O in der Konsolidierung, erzählt Jörg weiter. Die Spielräume in der Buchhaltung bzw. mit Wirtschaftsprüfern sind eng, Standards müssen eingehalten werden. «Für unseren Job braucht man ein Zahlenflair, eine gewisse Hartnäckigkeit und eine Spürnase. Fehler, die wir ggf. finden, müssen wir nachvollziehbar und adressatengerecht auch einem weniger involvierten Personenkreis erklären können. Wann sind sie warum entstanden und welche Auswirkung hätte dies im Finanzbericht?»
Auch der Umgang mit Stakeholdern ist wichtig. «Generell haben wir ein gutes Verhältnis zu Wirtschaftsprüfern, auf hohem Niveau – auch dank unseres proaktiven Umgangs mit ihnen. In unserem Team muss man in Stresszeiten mitunter einen raueren Ton abfedern können. Aber grundsätzlich kommunizieren wir gut miteinander und auf kurzen Dienstwegen, auch gruppenweit. Wir sind miteinander per Du und sprechen Dinge offen an. All das gefällt mir.»