Was wir von Einsiedlerkrebsen lernen können
Karrieretipps Was wir von Einsiedlerkrebsen lernen können
Kim Berrendorf 1. März 2016 Job + Karriere, Produktivität, #worklifebaloise
Wir neigen dazu, die Wichtigkeit mit anderen Zeit zu verbringen zu überschätzen und den Wert einer einsamen Erfahrung zu unterschätzen.

Ob am Arbeitsplatz oder privat. Laut einer Studie des Pew Research Center schauen 67% der Smartphone-Nutzer regelmässig auf ihr Handy, obwohl es nicht klingelt oder vibriert, und 21% berichten, dass sie "eigentlich durchgehend" online sind.

Bei all dem Networking, dem "sich darstellen"

... und der Kommunikation mit unseren sozialen Gruppen, vergessen wir oft die Zeit für uns selbst. Alleine oder einsam sein, "alone time" zu geniessen. Natürlich ist eine zu lange Zeit nur für sich, für uns alle nicht zuträglich. In diesem Artikel möchte ich nicht über Einsamkeit sprechen, die sich über eine längere Zeit zieht, sondern über Zeit für uns alleine, die sich eigentlich jeder von uns wünscht.

Einsamkeit ist nicht an die An- und Abwesenheit von Menschen

... oder an die Anzahl von Bekanntschaften gebunden. Wer einsam ist, dem fehlen nicht einfach Menschen – sondern das Gefühl, von ihnen beachtet, anerkannt und gebraucht zu werden. Einsamkeit charakterisiert eine tiefe Unzufriedenheit mit den Beziehungen, die schon bestehen. Alleine sein, wie ich es in diesem Artikel verwende, bedeutet, sich bewusst für eine Zeit ohne Kontakt zu anderen zu entscheiden.

Abschalten und fokussieren 

Wir werden täglich mit einem Sturm aus Ablenkungen konfrontiert. Durch Anrufe, Meetings, Verabredungen, Gefallen, die man jemandem tut. Alles lässt uns ständig von A nach B hasten. Jeder braucht dabei mal eine Pause.

Zeit für sich alleine hilft, den Fokus wieder zu finden, die Gedanken zu sammeln und sich wieder auf das für einen selbst Wichtige zu konzentrieren. Meist brauchen wir hierfür nicht einmal eine halbe Stunde am Tag. Diese Zeit sollte man sich aber bewusst gönnen.

Kreativitäts-Boost 

Einsamkeit ist ein Treiber für Kreativität. In Zeiten, in denen Ideen regelrecht produziert werden müssen, behelfen wir uns oft mit Brainstormings und anderen Gruppen-Techniken, um Ideen zu generieren. Jedoch ist das Erarbeiten von Ideen in der Gruppe keinesfalls jedermanns Favorit. Zu viel soziale Spannung und Unsicherheiten sind damit verbunden, wie z.B. "Was halten die anderen wohl von meinen Ideen?", als dass wir wirklich über unseren Tellerrand hinaus schauen können. Gewisse Kreativitätstechniken funktionieren gut oder sogar besser alleine.

Alleine, ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der Natur, gibt man sich selbst die Erlaubnis, alles zu denken und lässt sich nicht von sozialen Erwartungen leiten.

Produktivitäts-Boost

Jeder kennt die Zeit im Büro, wenn kaum jemand anwesend ist. Unglaublich wie produktiv man dann ist. Das liegt klar an der geringeren Anzahl Ablenkungen. Klar ist, wer sich alleine auf eine Aufgabe konzentrieren kann und diese alleine zu verantworten hat, wird sich mehr bemühen und oft auch ein besseres Ergebnis erzielen, hinter dem er oder sie stehen kann.

Die neue, alte Verbindung

Zeit für sich selbst bringt die Chance mit sich, wieder zu sich zu finden. Das mag sich etwas esoterisch anhören. Allerdings kann psychologisch nachgewiesen werden, dass abgegrenzte Zeit für uns alleine regulierend auf unser Leben wirkt und uns über unsere Beziehungen nachdenken lässt. So führt Zeit alleine auch durchaus zur Stärkung sozialer Verbindungen. Man wird sich deren Wichtigkeit meist erst bewusst, wenn man alleine ist. Zudem können durch Aktivitäten, die man alleine ausübt, neue, spannende und bereichernde Verbindungen entstehen, die man in einer Gruppe nicht eingegangen wäre.

Das grösste Geschenk: Freiraum.

Vor allem Eltern können nachvollziehen, dass man als soziales Wesen irgendwann an einen Punkt kommt, an dem man nach Freiraum lechzt. Auch WG-Bewohner kennen das Gefühl sich zu freuen, wenn alle anderen weg sind. Auch in einer Partnerschaft ertappt man sich dabei, wie man den Abend fröhlich mit Dingen füllt, die man selbst gerne macht, wenn der Partner anderweitig beschäftigt ist.

Das ist völlig normal. Die Freiheit, das zu tun, was, wann und wie man es will wird mit dem Alter meist kleiner. Deshalb ist es wichtig, diese Zeit alleine zu geniessen. Sie mit Aktivitäten zu füllen, die einem selbst viel wert sind, die eigene Stimmung verbessern, einen in Balance bringen und man sich dadurch als Person wieder besser kennenlernt. Keine Grenzen, kein Urteil, keine Verhandlungen über Kompromisse. Es erinnert uns daran, was uns wichtig ist; dass wir selbst die Kontrolle über unser Leben haben und Erfüllung im Leben letztendlich von Innen kommt.

Jeder Mensch ist anders und hat andere Bedürfnisse. Aber egal ob man eher ein Rudeltier oder Einzelgänger ist, man darf auch mal alleine (und offline!) sein. Auch wenn wir soziale Wesen sind, im Arbeitsleben Teamwork ein wichtiger Bestandteil ist und Kinder, die in jungen Jahren zu viel Isolation erfahren, oft krank werden, tut es jedem von uns gut, sich von Zeit zu Zeit etwas vom Einsiedlerkrebs abzuschauen und sich auf sich selbst, seine Ziele und Wünsche zu konzentrieren.

Kim

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