„Für genau diesen Fall haben wir unsere Arbeit hundertfach geübt. Jetzt ist die Krise da, jetzt muss jeder Handgriff sitzen.“ Gemeinsam mit dem Kantonalen Führungsstab agiert Michel aus einem Bunker unter der Erde, in Räumlichkeiten, die gesamt so gross sind wie ein Fussballfeld. Von aussen weist nur ein Garagentor darauf hin, dass es unterirdisch mehr geben könnte als dunkle Erde. „Ich nehme hier die Bedürfnisse des Kantons entgegen“, erklärt Michel. „Ich bin eine Art Zahnrad: Wieviele Ambulanzen werden gebraucht? Wieviele Sanitäter? Der Kanton stellt Anfragen und ich überprüfe auf dem Dienstweg zwischen verschiedenen Kommandostufen bis hin zur Armeeleitung in Bern, welchen Bedürfnissen wir nachkommen können.“
Dass der rotblonde Mann aus Biberist bei Solothurn im Krisenfall für das Militär einrückt, war eine bewusste Entscheidung. „Ich mache diesen Job aus Überzeugung. Ich möchte für mein Land da sein und in der Krise umso mehr.“ Mehr als 1000 Diensttage hat er neben seiner Arbeit im Aussendienst bereits beim Militär absolviert. „Das ist wichtig, denn nur deshalb sind wir im Ernstfall miteinander eingespielt: Feuerwehr, Zivilschutz, Polizei, das Militär – diese Netzwerke wachsen über Jahre und nicht erst im Krisenfall. Man kennt sich, man weiss wie jede/r reagiert, und das ist in so einer Ausnahmesituation von unschätzbarem Wert. Wir alle beherrschen die Abläufe, wissen wann was zu tun ist und welcher Ansprechpartner wo ins Spiel kommt. Wir sind organisiert und strukturiert.“
«Ich möchte in der Krise da sein. Ich wusste immer, irgendwann kommen wir zum Einsatz und jetzt ist der Moment da.»
Viel Zeit für die Kundenberatung bleibt Michel gerade nicht. Nur zu Randzeiten, am Abend und am Morgen, beantwortet er Kundenemails, bearbeitet Schadenfälle oder spricht z.B. mit Schweizer Reisenden, die noch im Ausland festhängen. „Ich bin froh, dass das Kundenaufkommen bei mir derzeit nicht so hoch ist, und dass wir uns auf der Generalagentur gegenseitig unterstützen. Militärisch bin ich im Assistenzdienst und so von der Berufswelt befreit. Den Bunker in Solothurn verlasse ich, seitdem ich eingerückt bin, nur zum Schlafen.“
Manchmal, so erzählt Michel weiter, sieht er die Parallelen zwischen dem Aussendienst und seinem Krisenjob. „Es gibt Bedürfnisse, die kann die Armee dem Kanton nicht erfüllen, weil militärische Kapazitäten dort Einsatz finden, wo sie am dringlichsten gebraucht werden. Das erinnert mich an Situationen bei uns im Daily Business. Manchmal geht es einfach nicht ganz so, wie man sich das vorstellt und man muss Alternativen finden.“
Als Kommandant im Grade eines Oberst führt Michel insgesamt neun auf Fachgebiete spezialisierte Offiziere. „Solche Sonderstäbe“, erklärt er, „gibt es in allen Kantonen von unterschiedlicher Grösse. Wir alle gemeinsam unterstützen die Schweiz derzeit in ihrer Corona-Krise.“ Da hilft der Zivilschutz, Krankenbetten von A nach B zu bringen oder Zelte aufzubauen, da werden entsprechend ausgebildete Sanitätssoldaten oder Intensivpfleger zur Unterstützung in die Spitäler entsandt. „Unsere Dienstwege sind effizient“, sagt Michel. „Es sind Befehlsketten, die funktionieren und das ist in dieser angespannten Lage unabdingbar. Auch wir sind – wie andere Unternehmen – derzeit in Telefonkonferenzen oder Video-Meetings im Austausch. Da geht’s 45 Minuten strikt durch die Agenda und danach weiss jede/r was sie/er zu tun hat.“
… bemerkt Michel wie die Arbeit ihn phasenweise an seine Grenzen bringt, wie dieses permanente Reagieren und Funktionieren ihn ermüdet. „Vollkommen normal“, lacht er, „es sind für uns alle fordernde Zeiten, aber ja – irgendwann muss und wird eine Ruhephase folgen, und bis dahin sind wir alle 100% für die da, die uns gerade brauchen.“