weniger gegründet und investiert
weniger gegründet und investiert
… sagt Axel Kalisch (s.Bild), «und zwar extrem.» Er ist CEO von Ben Fleet Services in Berlin. Das Startup bietet verschiedene Dienstleistungen im Bereich Shared Mobility an und kümmert sich bspw. um die Reinigung von Carsharing-Fahrzeugen. «Am deutlichsten hat es sich bei unserem Fundraising in 2022 gezeigt. Final waren wir froh, bereits zwei starke Investoren wie u.a. Baloise zu haben, die an uns glauben. Hört man sich im Startup-Umfeld in Berlin um, kämpfen viele mit der aktuellen Situation: Kündigungen sind an der Tagesordnung, alle Hypergrowth-Startups haben Leute entlassen.»
«Die Fonds halten ihr Geld zusammen», ergänzt Nicola Büsse, Mitgründerin von MOBIKO in München, das Arbeitgebern ein flexibles Mobilitätsbudget und – management per App bietet. «Für Startups heisst es, den Runway strecken, damit das Geld länger reicht, die Geschäftszahlen noch überzeugender sind und man somit Zeit gewinnt. Das erhöht die Chancen eines neuen Investments.“
«Gerade in diesen Zeiten sind wir froh, starke Investoren wie die Baloise an unserer Seite zu wissen, die an uns glauben.»
Wenn ein Startup wachsen und eine kritische Grösse erreichen will, wird oft der Weg über Fremdkapital genommen. Es geht auch ohne, jedoch ist es höchst anspruchsvoll, mit limitierten Mitteln schnell zu wachsen. Daher pitchen die Gründer vor verschiedenen Investoren, was so viel heisst wie: Das Startup muss sich verkaufen und Kapitalgebern überzeugend erklären, warum sie investieren sollten.
«In den vergangenen Jahren war es, aufgrund von «billigem» Geld. auch mit weniger soliden Geschäftsmodellen möglich, Geld einzusammeln», bestätigt Patrick Wirth, Head der Mobility Unit von Baloise. «Investoren schauen heute wesentlich genauer hin. Sie scheuen das Risiko mehr. Ergo ist es für Startups schwer, die hohen Bewertungen der letzten Jahre zu erhalten. Wir sprechen von Korrekturen, die teilweise mit über 50% Abwertung daherkommen. Obwohl man sich fragen muss, ob die Abkühlung des Investitionsklimas nicht auch eine Normalisierung bedeutet. Bewertungen von Startups und Scaleups waren mitunter utopisch hoch.»
«Die Abkühlung des Investitionsklimas bedeutet auch eine Normalisierung: Bewertungen von Startups und Scaleups waren mitunter utopisch hoch.»
„Wenn Bewertungen runtergehen“, erklärt Nicola Büsse, „heißt das, dass man als Gründer:in sehr viel mehr Anteile für weniger Geld abgeben muss -bei steigendem Risiko. Das ist natürlich schmerzlich. Denn weniger Geld bedeutet eine Kostenreduzierung und langsameres Wachstum, verbunden mit der allgegenwärtigen Gefahr, dass einem das Geld ganz ausgeht.“
Der Ukraine-Krieg und daraus folgende Implikationen sowie die steigende Inflation und auch die Turbulenzen an den Börsen, führen zu einer allgemeinen Unsicherheit, die die Gründungsdynamik gesamt dämpft. Während 2021 noch 3196 Unternehmen neu im Inno-Hub Deutschland gegründet wurden, sank der Wert 2022 um 18 Prozent auf 2618 Gründungen. Dennoch zeigen sich Start-up-Ökosysteme in ihrer Gesamtheit noch recht widerstandsfähig.
„Investoren wollen nicht mehr nur in Growth investieren», sagt Axel Kalisch, «sondern vor allem – wie Baloise - in nachhaltige Geschäftsmodelle. Das heisst, unser Business Case muss mit Massnahmen hinterlegt aufzeigen, dass er – in nicht allzu ferner Zukunft - profitabel werden kann. In unserem konkreten Fall bedeutet dies noch mehr Fokus auf die bestehenden Kompetenzen und Produkte und sparen wo immer es geht, um letztendlich schneller profitabel zu werden. Wir konzentrieren uns daher auf unseren Kernmarkt Deutschland und unser Kernprodukt, die Pflege von Autos. Micro Mobility oder der B2C Markt sowie Expansionen ins Ausland sind unter der bestehenden Marktunsicherheit zeitlich nach hinten verlagert. Es gilt abzuwarten, bis sich der Markt entspannt bzw. erholt hat.»