Warum stürzen wir uns in Gefechte in Fortnite, warum rauben wir Banken in Grand Theft Auto 5 aus, warum erschaffen wir eigene Welten in Minecraft, warum ziehen wir einsam durch die Fantasy-Welt von The Witcher 3? Kurz: Warum spielen wir eigentlich? Psychologie, Philosophie und Wirtschaft haben jeweils eine ganz eigene Antwort auf diese Frage:
Gaming bedeutet Spass, sagt die Psychologie. Spass bedeutet für den einen Spieler, sich in Wettkämpfen zu messen, für den Anderen, Zeit mit Freunden zu verbringen. Quantic Foundry, ein Marktforschungsinstitut aus den USA, hat 300'000 Spieler gefragt: Was macht euch Spass am Spielen? Herausgekommen sind folgende sechs Gründe:
- Action: Spass an Zerstörung und Chaos, sich austoben, das innere Kind rauslassen, auch mal fernab gängiger Normen und Werte. Beispiel: Grand Theft Auto 5
- Sozial: Zusammen spielen steht an erster Stelle – gemeinsam gewinnen, gemeinsam verlieren, sich über das gemeinsam Erlebte austauschen. Beispiel: Rainbow Six Siege
- Meistern: Das Gehirn muss qualmen, jede Entscheidung muss wohl überlegt sein, immer mit dem Ziel vor Augen. Beispiel: Starcraft II
- Erreichen: Der Mensch, Sammler und Jäger. Alles einzusammeln, je rarer, desto besser, ist Motivation für diesen Spielertyp. Beispiel: World of Warcraft
- Immersion: In Geschichten eintauchen, in eine fremde Haut schlüpfen motiviert ebenfalls viele Spieler zum Griff zum Controller. Beispiel: The Witcher 3
- Kreativität: Eigene Welten zu erschaffen oder bestehende zu ergänzen, diese zu verändern ("modden") ist für viele Spieler ebenfalls grosse Motivation. Beispiel: Minecraft.
Spielen bedeutet Ablenkung für die Philosophie. Die Wurzeln dieses Gedanken reichen weit zurück ins 17. Jahrhundert, schrieb hier der Philosoph Blaise Pascal: "Das Ganze Unglück der Menschen rührt aus einem einzigen Umstand her, nämlich, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können," denn in einem leeren Zimmer denken Menschen über den Tod sowie die Sinnlosigkeit des Lebens nach. Für Pascal gab es zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu bewältigen: die Hinwendung zu Gott, ins Gebet, oder die Flucht in die Zerstreuung, in spassige Ablenkungen. Pascal benutzt für die Zerstreuung das Bild einer Hasenjagd: Der Hase selbst bewahrt einen hierbei nicht vor den Gedanken an Trauer, Elend und Tod, aber die Jagd an sich. Spielen ist demnach Jagen: Immer auf der Jagd nach der nächsten Beute, der nächsten Belohnung, dem nächsten Spiel, der nächsten Ablenkung.
Spielen bedeutet Leistungssteigerung. "Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und ist nur da ganz Mensch, wo er spielt". Dieses lange, sehr lange Zitat stammt von Friedrich Schiller, der sich mit der Erziehung des Menschen auseinandersetze. Im Spiel sah Schiller die ideale Möglichkeit, dass Menschen ihr wahres Ich zeigen, zeigen, wer sie wirklich sind, alles um sich herum vergessen – Politik und Krieg bei Schiller, Tod und Elend bei Pascal. Im Arbeitsleben entfaltet sich hier die ganze Kraft des Spieles: Wir vergessen Kleinkriege im Büro, wir vergessen Silos, wir vergessen Meinungsverschiedenheiten, wir spielen zusammen, wir arbeiten zusammen. Spiele in Unternehmen wie "Keep Talking and Nobody Explodes" in digitaler und "Sarah's Vision" in analoger Form helfen, aus dem Alltag auszubrechen, steigern dadurch die Leistungskraft von jedem Einzelnen.